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Blog: Maschinen- und Anlagendaten zugänglich machen

Um die Potenziale von Maschinen und Anlagen mit digitalen Services voll auszuschöpfen, ist der Zugang zu den Maschinen- und Prozessdaten aus der Feldebene unerlässlich. Hilscher trägt diesem Bedarf mit einem umfassenden IoT-Ökosystem Rechnung, wie Uwe Schnepf, Leiter des Produktmanagements für Industrial IoT bei Hilscher, im Gespräch mit dem Chefradakteur des Digital Factory Journals erläutert.

Text: Ronald Heinze

Europäische Hersteller von Maschinen und Anlagen sehen sich mit erheblichen Herausforderungen konfrontiert. Ein Mangel an Fachkräften schränkt ihr Potenzial für Innovationen und Dienstleistungen ein, während starker Wettbewerb aus Asien Druck auf Umsätze und Marktanteile ausübt. Angesichts dessen planen diese Unternehmen, ihre Maschinen und Anlagen zu vernetzen, um die Produktionseffizienz zu steigern, den Kundenservice zu verbessern, intelligente Produkte zu entwickeln und datengetriebene Geschäftsmodelle zu etablieren.

Für die Realisierung digitaler Dienstleistungen benötigen Maschinenbauer Zugriff auf Maschinen- und Prozessdaten. Außerdem sind spezielle Software-Tools für Konfiguration, Analyse und Wartung, die unabhängig von der Produktionssteuerung eingesetzt werden können, erforderlich. U. Schnepf hebt die Bedeutung von Edge Management hervor, einschließlich Edge Gateways, der Integration in die betriebstechnische Ebene über Feldbusse oder Industrial Ethernet, der Verwaltung und des Betriebs der Edge Gateways und der darauf laufenden Software sowie der spezifischen Business-Anwendungen.

Offenes und skalierbares IoT-Ökosystem

Hilscher bietet als Enabler für die Vernetzung von Maschinen und Anlagen ein modulares Lösungssystem an, basierend auf einer offenen, skalierbaren und zentralisierten Edge-Management-Plattform. Diese umfasst ein umfangreiches Portfolio aus Edge Gateways, zentralem Geräte- und Flottenmanagement sowie Applikationsverwaltung über private und öffentliche Cloud-Infrastrukturen. Ergänzend können Nutzer containerbasierte Anwendungen für die Anbindung an Shopfloor und Cloud, aber auch eigene, komplett applikationsspezifische Container, in diesem System nutzen. Dazu zählen zum Beispiel die netFIELD PROFINET Tap App und EtherCAT Tap App, die es erlauben, rein passiv ohne Modifikation der Steuerungen in diesen Netzwerken PROFINET- oder EtherCAT-Daten-Traffic mitzulesen.. „Für die wichtigsten Kommunikationssysteme gibt es bereits Lösungen; weitere folgen“, ergänzt der Hilscher-Manager.

U. Schnepf betont, dass Hilscher eigentlich Chips und Module für die Automatisierung herstellt und vertreibt. „Seit sieben Jahren fokussieren wir uns verstärkt auf Edge Computing, kombiniert mit unserer Expertise in der industriellen Kommunikation, um die Basis für neue, datengetriebene Dienstleistungen und Geschäftsmodelle zu legen“, erklärt U. Schnepf. Er fügt hinzu, dass Hilscher seinen Kunden ein umfängliches IoT-Ökosystem bietet. Diese praxiserprobte Plattform kann mit den Anforderungen wachsen und erfordert keine großen Investitionen – üblicherweise beginnen Anwender mit einem einzelnen Gateway und einem kostenlosen netFIELD-Account zum Testen.

A man in a black business suit and a light blue shirt smiles into the camera. He is wearing glasses and the background is bright and blurred.

„Die Analyse und Verarbeitung von Daten an Maschinen wird zunehmend komplexer“, fährt der IoT-Experte fort. Er ist der Meinung, dass es nicht ausreicht, Daten lediglich zu erfassen; eine Datenvorverarbeitung ist mittlerweile unerlässlich. Die Lösung bieten Edge Gateways, die direkt an der Maschine für Datenerfassung und -vorverarbeitung sorgen. Diese Edge-Geräte, ausgestattet mit einem gehärteten und damit gesicherten Linux als Betriebssystem, sind intelligenter als herkömmliche Gateways und ermöglichen beispielsweise den Fernzugriff auf Benutzeroberflächen und APPs, das Sammeln und Analysieren von Maschinendaten für Konfigurations-, Inbetriebnahme- und Diagnoseaufgaben sowie weitere IoT-Anwendungen. Dadurch lassen sich qualifizierte Aufgaben bei der Bedienung von Maschinen und Anlagen bewältigen, für die es zunehmend an Fachkräften mangelt.

Professionelles Edge-Management

In der modernen Industrie gewinnt das Edge Management zunehmend an Bedeutung, worunter die zentrale Verwaltung einer Vielzahl von Edge Gateways sowie deren Software verstanden wird, die in Maschinen und Produktionsanlagen zum Einsatz kommen. Einerseits müssen die Geräte und deren Betriebssysteme, andererseits allerdings auch die die Anwendungen der Betreiber selbst aktualisiert und immer auf dem neuesten Stand der Sicherheit betrieben werden. Als zentrale Anlaufstelle fungiert bei Hilscher dafür die netfield.io-Plattform, welche auf Azure IoT basiert, aber auch in Verbindung mit anderen Cloud-Plattformen z.B. direkt im Anwender-Netzwerk betrieben werden kann. „Mit diesem Service können Anwender ihre Feldbus-Geräte und Anwendungen weltweit problemlos fernverwalten“, erklärt U. Schnepf und betont dabei, dass mit netFIELD natürlich Cloud-Lösungen über das Internet realisiert werden können, aber auch lokale Umsetzungen mit netFIELD umsetzbar sind.

Weiterhin ist für die Kommunikation der Geräte mit der Edge-Management-Plattform netfield.io ein Betriebssystem notwendig. Hilscher stellt hierfür das netFIELD OS bereit, das auf einem gehärteten Linux basiert. Dieses Betriebssystem wird bald auch für Geräte von Drittanbietern geöffnet. „Dadurch können Nutzer unserer Plattform ihre Wunsch-Hardware flexibel einsetzen. Sollten bereits erste Entwicklungsschritte mit eigenen Geräten unternommen worden sein, stellt das kein Problem mehr dar und Kosten beim Umstieg auf netFIELD.io werden reduziert. „Wir erhoffen uns dadurch aber natürlich auch eine noch breitere Anwendung unserer Lösungen“, so U. Schnepf.

 

A structural graphic of the different components of Hilscher's netFIELD solution.

Die Verwaltung und Überwachung der Edge-Geräte aus der Ferne sowie die Steuerung von Updates beispielsweise werden in Form von containerisierter Software über den Nutzer-Account ermöglicht. Bei einer steigenden Anzahl von Edge Gateways kann dies schnell komplex werden. Ein professionelles Edge-Management-System unterstützt Nutzer dabei, den Überblick über die Gateways und die darauf laufende Software zu behalten, indem Software und Konfigurationen zentral verwaltet werden. „Der Fachbegriff hierfür ist Flottenmanagement“, fügt der Hilscher-Manager hinzu. „So etwas kann auch als Server-Lösung beim Kunden vor Ort realisiert werden, nicht nur über eine öffentliche Cloud. Firmware-Updates und Software-Rollouts können gezielt für bestimmte Gerätegruppen durchgeführt werden, die statisch oder dynamisch festgelegt werden können.“

Digitale Services für Maschinen und Anlagen

Hilscher zielt mit seinen Gateways und der netFIELD-Cloud darauf ab, Maschinen intelligenter zu machen und die Effizienz zu steigern, und stellt dafür die erforderliche Infrastruktur komplett zur Verfügung. „Die Analyse der Daten überlassen wir unseren Kunden, die diese besser verstehen“, fügt U. Schnepf an. Das wird am Beispiel des Verpackungsmaschinenherstellers MULTIVAC deutlich, der digitale Tools entwickelt hat, die nun auf den Hilscher-Gateways weltweit ausgerollt wurden und laufen. Dies ermöglicht transparente Prozesse und Echtzeit-Prozessdaten, die einen wesentlichen Beitrag zur Effizienz der MULTIVAC-Anlagen leisten.

Vorteile bringt der Fernzugriff ebenso bei der Inbetriebnahme. „In Zeiten von Corona hat sich die virtuelle Inbetriebnahme als wertvoll erwiesen“, so U. Schnepf. Oftmals konnten damals Maschinen zwar ausgeliefert, aber nicht in Betrieb genommen und damit in Rechnung gestellt werden, weil der Zugang vor Ort nicht möglich oder Fachkräfte nicht verfügbar waren., Viele Maschinenbauer erwägen zudem, ihre Services als Software-as-a-Service (SaaS) anzubieten. „Digitale Services helfen, Maschinen optimal zu betreiben, was besonders wichtig ist, wenn Fachkräfte fehlen“, ergänzt der Manager.

Ein weitere Hilscher-Kunde und führender Anbieter von thermischen Spritzverfahren bietet laut U. Schnepf seinen Kunden Smart Services als Zusatzprodukt zu den Maschinen an. Damit wird deren Effizienz gesteigert, der Durchsatz erhöht sowie ein Beitrag für mehr Nachhaltigkeit und Transparenz geleistet. Die Lösung basiert auf netFIELD als IIoT-Infrastruktur. „Unsere Edge Gateways werden in jeder Maschine ab Werk verbaut und bei Bedarf aktiviert“, so U. Schnepf.
Neben Maschinenbauern richtet Hilscher sein Angebot auch an Anlagenbetreiber, um Daten verschiedener Maschinen zusammenzuführen und Anlagen effizienter zu betreiben. „Dies gilt auch für ältere Anlagen, das sog. Retrofit“, ergänzt der Leiter Produktmanagement IoT. Die IoT-Lösungen sind ebenfalls für Softwarehersteller interessant, die sich fragen, wie zum Beispiel Künstliche Intelligenz an die Maschine gebracht werden kann.

 

netFIELD in Aktion beim führenden Verpackungsmaschinenhersteller MULTIVAC
A man with beard, dark hair and glasses in a grey suit with a white shirt.

Eine konnektierte Maschine muss für den Kunden immer mehr Vorteile bieten als eine Maschine, die offline ist. Dank der netFIELD Technologie von Hilscher können wir höchst effizienzsteigernde Smart Services anbieten, die die Bedarfe der Kunden direkt adressieren und gleichzeitig die Bindung zu ihnen intensivieren.

Dr. Marius Grathwohl

Vice President Digital Products & Transformation

MULTIVAC

Wie gelingt es in Zeiten des Klimawandels, Lebensmittel und andere Produkte ressourcenschonender zu verarbeiten? Die Antwort von MULTIVAC: Mit Investitionen in Forschung, Entwicklung und eine moderne Produktion.

445 Patentanmeldungen hat die Unternehmensgruppe zwischen 2010 und 2020 eingereicht. Und dabei automatisierte Verarbeitungslinien mit aufeinander abgestimmten, vernetzten, softwaregestützten und energiesparenden Maschinen geschaffen. Für das verlustfreie Slicen über das grammgenau Portionieren bis hin zur sicheren und nachhaltigen Verpackung, Etikettierung und Qualitätskontrolle. Für eine grüne Zukunft.

A packaging machine from MULTIVAC.

Der führende Hersteller integrierter Verpackungslösungen MULTIVAC entwickelt kundenorientierte Services und ermöglicht höhere Maschinenverfügbarkeit mit netFIELD.

Best Practices nutzen

„Wir sehen uns als Enabler, der insbesondere den Mittelstand dabei unterstützt, Best Practices zu nutzen“, sagt U. Schnepf. Die containerbasierte Struktur von netFIELD ermöglicht es, dass Anwender ihre Apps über die Gateways einfach integrieren und ausrollen können. Dazu arbeiten die Hattersheimer auch mit ausgewählten Partnern zusammen, zum Beispiel das Unternehmen UReason aus Rotterdam/Niederlande für eine Lösung zur Ventil- oder Pumpenüberwachung, die Tomorrow Things GmbH aus Bonn für die Prozessüberwachung von Spritzgussmaschinen sowie die byteFabrik aus Karlsruhe für eine AI-Low-Code-Lösung.

Hilscher fördert die Servitization, eine Geschäftsmodellinnovation, die Sachgüter und Dienstleistungen kombiniert. Ein Beispiel dafür ist „Reifen as a Service“ von einem Reifenhersteller. „Solche Geschäftsmodelle sind auch im Maschinenbau möglich, und wir unterstützen Unternehmen dabei, an die benötigten Daten zu gelangen“, erklärt U. Schnepf.

Abschließend stellt U. Schnepf die Bedeutung der OT-Sicherheit heraus. Regularien wie der EU Cyber Resilience Act stellen hier hohe Anforderungen, von denen auch die CE-Zulassung abhängen wird. Er ist überzeugt vom Erfolg der Hilscher-Lösungen, die sich unter anderem auf industrielle Kommunikation und sicheres Gerätemanagement fokussieren. „Unsere Plattform ist offen und kundenorientiert, wir begegnen der Zielgruppe Mittelstand auf Augenhöhe und können schnell und flexibel auf Marktanforderungen reagieren“, schließt er ab.

The picture shows the inside of an industrial production machine for semiconductors and electronic devices. On the left side, a type of gripper arm can be seen between blurry constructional struts in the foreground.
Weiterführende Links
A man in a dark blue business suit and a white blue shirt smiles into the camera. He has short dark hair.
Über den Autor: Ronald Heinze

Ronald Heinze ist in der Automatisierungsbranche als einer der am besten vernetzten und informierten Redakteure bekannt. Er ist Publishing Director und Chefredakteur der VDE VERLAG GmbH, einem deutschen Medienunternehmen für Fachzeitschriften wie das Digital Factory Journal oder etz.

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Ein netPI-Edge-Gateway von Hilscher im Einsatz.

Ein Überblick über unsere Managed-Industrial-IoT-Plattform: netFIELD ist Ihre IIoT-Edge-Infrastruktur zur Realisierung von Industrie-4.0-Lösungen. Damit machen Sie Ihre Maschinendaten zugänglich und die dafür notwendige Soft- und Hardware zentral verwaltbar.